Liebe Leserinnen und Leser, unter der Rubrik „Wahlhelfer“ starten wir eine Serie von Artikeln, die in losem Abstand erscheinen und Ihnen einige Denkanstöße zur Entscheidungsfindung bei der nächsten Wahl anbieten. Sie sind in der Wahlkabine alleine, Sie können dort ankreuzen, was Sie wollen. Das ist Ihr Recht. Nutzen Sie es unbedingt! Heute: Wählen oder Nichtwählen,…

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27 Dez 2024

4 Minuten

Liebe Leserinnen und Leser, unter der Rubrik „Wahlhelfer“ starten wir eine Serie von Artikeln, die in losem Abstand erscheinen und Ihnen einige Denkanstöße zur Entscheidungsfindung bei der nächsten Wahl anbieten. Sie sind in der Wahlkabine alleine, Sie können dort ankreuzen, was Sie wollen. Das ist Ihr Recht. Nutzen Sie es unbedingt!

Heute: Wählen oder Nichtwählen, das ist hier die Frage.

Bei jeder Wahl gibt es viele Menschen, die ihr Wahlrecht nicht ausnutzen und in der Statistik als sog. Nichtwähler eingehen. Überlicherweise liegt die Wahlbeteiligung bei Bundestagswahlen grob zwischen 60 und 80 Prozent. Das bedeutet, zwischen einem und zwei Fünftel der Wahlberechtigten finden es nicht lohnenswert, sich durch den Wahlakt in die Demokratie einzubringen. Sicherlich mögen die Gründe vielfältig sein. Heute möchte ich auf die Folgen des Nichtwählens hinweisen:

Die Sitze im Bundestag werden anhand der Stimmenanteile an den abgegebenen gültigen Stimmen ermittelt. Im Extrem bedeutet das, dass eine Partei, die nur eine einzige Stimme erhalten hat, alle Sitze erhält, wenn nur ein einziger Mensch gewählt hat und alle anderen zu Hause geblieben sind. In diesem Fall hätte die Partei 100 % der abgegebenen, gültigen Stimmen erzielt! Hätten all diese Menschen, die nicht an der Wahl teilgenommen hätten, nach dem Zufallsprinzip andere Parteien gewählt, dann wäre die Partei mit der einen Stimme nicht über die 5 % Hürde gekommen und nicht im Parlament.

Diese Extremwerte zeigen mögliche Auswirkungen und sind natürlich nicht realistisch. Betrachten wir den Fall, dass die Nichtwähler nach dem Zufallsprinzip eine der drei Parteien wählen, die auf dem Stimmzettel ganz unten stehen. Ich habe keine Ahnung, wer auf dem Wahlzettel ganz unten stehen wird, aber es werden entweder neue Parteien sein oder solche, die bei der letzten Wahl am wenigsten Stimmen hatten. Sollte es eine dieser Parteien tatsächlich über die 5 % Hürde schaffen, dann sicher nicht mit hohen Prozentzahlen. Hauptsache, die etablierten Parteien, von denen Sie die Jahre über enttäuscht wurden, bekommen weniger Stimmen und hören in Zukunft wieder mehr auf Sie und Ihre Wünsche! Schauen Sie sich den Effekt an dieser Beispielrechnung an. Die erste Ergebnisspalte zeigt einen möglichen Wahlausgang und die Stimmanteile, wie sie bisher berechnet werden. Es wird angenommen, dass 23 % der Wahlberechtigten nicht gewählt haben. In der zweiten Ergebnisspalte sehen wir die Stimmen- und Sitzanteile bei identischer Wahl mit nur einer einzigen Änderung: Die Nichtwähler waren in der Wahlkabine und haben per Zufall eine der letzten drei Parteien des Wahlzettels gewählt. Alle anderen haben gleich gestimmt:

Sie sehen, dass die Parteien A, B, C und D deutlich weniger Stimmanteil haben als vorher. Daraus folgt, sie werden wesentlich weniger Sitze haben als vorher. Während mit den 23 % Nichtwählern eine Koalition aus A und D für die einfache Mehrheit im Parlament ausreichte, müssen diese beiden Parteien im zweiten Fall mindestens eine, in manchen Fällen sogar zwei weitere Parteien mit ins Boot nehmen!

Andere Rechnung, Annahme: Drei Parteien, insgesamt 100 Stimmen. 50 für Partei A und 50 für Partei B, 0 für Partei C. Damit erhalten A und B je 50 % der Sitze. Wenn die Hälfte der Wähler der Partei A unzufrieden sind und zu Hause bleiben, dann folgt 25 Stimmen für A, 50 für B und 0 für C. Da jetzt nur 75 abgegebene Stimmen in die Berechnung der Sitze einfließen, erhält Partei A 33 % der Sitze, die Partei B 66 %! Es wurde keine einzige Stimme mehr für Partei B abgegeben, aber sie hat nun eine satte 2/3 Mehrheit. Nur weil weniger Menschen gewählt haben. Hätten die Nichtwähler Partei C gewählt, hätte Partei B wie am Anfang nur 50 % der Sitze erhalten. Partei A und Partei C hätten jeweils 25 % der Sitze erhalten.

Sie sehen die teilweise gravierenden Unterschiede. Daher mein Appell: Gehen Sie unbedingt wählen! Sie verwässern damit den Anteil der etablierten Parteien und zwingen sie dazu, sich mehr um die Belange ihrer Wählerschaft zu kümmern. Ich habe keine Ahnung, wer auf dem Wahlzettel ganz unten stehen wird, aber es werden laut Wahlordnung neue Parteien sein oder (falls es keine neuen gibt) solche, die bei der letzten Wahl am wenigsten Stimmen hatten. Sollte es eine dieser Parteien tatsächlich über die 5 % Hürde schaffen, dann sicher nicht mit hohen Prozentzahlen. Hauptsache, die etablierten Parteien, die Sie die Jahre über enttäuscht haben, bekommen weniger Stimmen und hören in Zukunft wieder mehr auf Sie und Ihre Wünsche!

PS: Wenn Sie Parteien abstrafen wollen, dann müssen Sie Parteien aus komplett anderen Lagern wählen. Es nutzt nichts, innerhalb des Lagers hin und her zu springen, denn die Politik innerhalb eines Lagers unterscheidet sich kaum.

Graphik: OpenOffice

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