25. Januar 2025
von Jochen Mitschka
Auszug:
Das Aufwachen
In einer Zeit, in der die so genannten „Verschwörungstheorien“ sich nicht zuletzt dank Snowden, WikiLeaks und dem Internet immer schneller als Tatsachen erweisen und die Behauptungen von Regierungen immer öfter als Lügen, Propaganda und Verschwörungen entlarvt werden, werden die Totschlagargumente „Aluthut“, „Verschwörungstheorie“, gemeinsam mit „Querfront“, „Antisemitismus“ und „rechtsextrem“ in einem selten so geballt gesehenen Maße verwandt. Und sobald sich irgendwo eine Toleranz zwischen Menschen angeblich linker und angeblich rechter Prägung abzeichnen, wird mit Querfront dazwischen geschlagen. Wer mehr über „Querfront“ und Co. erfahren will, dem empfehle ich die Erklärungen eines echten Linken und Friedenspolitikers, Wolfgang Gehrcke.
Und so benutzen ausgerechnet führende Persönlichkeiten der Linkspartei die klassischen Mittel zur Unterdrückung von Disput, von kultureller Vielfalt, dem Austausch von Argumenten und Vertreten der Meinungen von Minderheiten. Was sich aber selbst bis in den Kern der Unterstützer herumgesprochen hat, und zwangsläufig zur Bedeutungslosigkeit der Partei führen wird.
Bei diesem Aufwachprozess spielten die alternativen Medien eine große Rolle. In langen und erschöpfenden Interviews und Diskussionsrunden kommen diejenigen zu Wort, die sonst keine Plattform haben. Und so wurde aus diesem Grund z.B. KenFM im Internet immer beliebter, obwohl es nicht nur mit den Diskutanten, sondern auch mit dem Format der Sendungen gegen den Strom schwamm. Statt kurzatmige Videoclips mit verkürzenden und vereinfachenden Aussagen, sehr lange Interviews, die manchmal über Stunden gehen und dem Zuschauer immer wieder neue Aspekte und nicht gekannte Fakten präsentieren. Was dann natürlich zur Reaktion der Staatsmacht führte, die schließlich zur Aufgabe der Seite führte. Was folgend immer zu beobachten war. Sobald eine alternative Medienplattform zu große Reichweite gewann, wurde sie unterdrückt oder schlicht verboten.
Der Widerstand
Alles beginnt damit, dass wir uns der Wort- und Meinungsinquisition widersetzen. Progressive sollten begreifen, dass sie, um „progressiv“ zu sein, sich gegen die Bevormundung einer Interpretation der eigenen Meinung durch Andere, widersetzen und darauf bestehen müssen, dass nur die eigene Interpretation diejenige ist, die mit dem genutzten Begriff in Verbindung mit ihnen verwandt werden kann. (Verständlicherweise tun sich jene damit schwer, eigene Ideen über die Bedeutung ihrer Worte zu entwickeln, die glauben, bereits zum Establishment zu gehören oder von ihm zu profitieren.)
- Wir dürfen nicht wegschauen, wenn Menschen wegen einer Meinung in eine anrüchige Ecke gestellt werden, weil man ihnen ihre Worte interpretiert und nicht zulässt, dass sie sie selbst interpretieren. Wenn Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine selbst von Jakob Augstein in eine rechte Ecke gestellt wurden, nur weil sie wagten, etwas auszusprechen, das auch dem politischen Gegner gefällt, müssen wir aufstehen und dem entgegentreten. Verschämt wegschauen und hoffen, dass man nicht selbst einmal erwischt wird, ist der Beginn vom Ende der Freiheit.
- Wer also etwas verändern will, muss a) die Schere im Kopf vermeiden und b) auch jedem politischen Wettbewerber zubilligen, seine Worte SELBST zu interpretieren. Wir müssen uns die Interpretationshoheit über unsere Worte wieder zurückholen.
- Als im Kaiserreich Kritik am Herrscher durch das Lèse Majèsté bestraft wurde, verstießen, um es dann schließlich dadurch zu Fall zu bringen, tausende von Journalisten mit unterschiedlichsten politischen Meinungen bewusst dagegen, ließen sich auch dafür sogar ins Gefängnis sperren. Wir müssen wieder mit höherem Einsatz in den Diskurs über die Deutungshoheit über eigene Aussagen und damit für die Meinungsfreiheit gehen. Auch wenn wir Niederlagen riskieren, das heißt: Schmähungen, Verleumdungen, persönliche Angriffe. Wer die Verleumdungen des Friedensforschers Daniele Ganser selbst in Wikipedia verfolgte, wird verstehen, was ich meine (Das Video wurde von YouTube zensiert.)
- Seine Meinung zu vertreten bedeutet aber auch, immer bereit zu sein, Argumente dagegen abzuwägen, denn sonst fällt man in eine geistige Verhornung, die zu einer anderen Art der Versteinerung von Vorurteilen führt, die im Ergebnis eine Art innere Interpretationsinquisition wird.
- „Links“ und „Rechts“ sind keine Synonyme für „böse“. Sie sind Begriffe zur Spaltung der Gesellschaft und sollten sowohl von echten Linken als auch von konservativen Patrioten nicht als defacto Schimpfwort benutzt werden.
mehr lesen: https://tkp.at/2025/01/25/pseudolinke-und-pseudorechte/


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