12. Juli 2025

„Ich habe doch nichts zu verbergen“, für viele klingt das beruhigend. Aber was, wenn genau dieser Satz der Anfang vom Ende der eigenen Selbstbestimmung ist?

Was, wenn unsere Daten, unsere Kontakte, unsere Vergangenheit oder sogar die Vergangenheit anderer, mit denen wir nur am Rande zu tun haben, plötzlich gegen uns verwendet werden? In einer Welt, in der Konzerne wie Palantir ganze Bevölkerungen durchleuchten können, reicht es oft schon, dass man überhaupt existiert. Wer wissen will, wie weit wir unsere Freiheit bereits verloren haben, muss nicht auf dystopische Zukunftsromane warten. Die Zukunft ist längst da, sie heißt: Datenschatten.

Kapitel 1: Die neue Währung heißt Kontrolle

Palantir wurde einst als Datenanalyse-Startup mit „guten Absichten“ gegründet. Heute ist es ein Milliardenkonzern, dessen Software von US-Geheimdiensten, europäischen Polizeibehörden, Migrationsdiensten und Finanzinstitutionen genutzt wird. Was Palantir liefert, ist kein Rohdatenzugang. Es liefert: Erkenntnisse, Profile, Prognosen. Wer mit wem Kontakt hatte. Wer wann wo war. Wer welche Risikobewertung erhalten sollte.

Dabei geht es nicht mehr darum, ob jemand ein Verbrechen begangen hat. Es geht darum, ob jemand in einem Netzwerk auftaucht, das möglicherweise als „auffällig“ kategorisiert wird. Und dazu reicht schon eine digitale Verbindung: ein Like, ein gemeinsames Foto, ein Standort zur selben Zeit. Menschen werden nicht mehr nach ihren Handlungen beurteilt, sondern nach ihrer rechnerischen Wahrscheinlichkeit.

Kapitel 2: Der Freund eines Freundes ist das Risiko

Stell dir vor, du lernst jemanden kennen. Vielleicht auf der Arbeit, vielleicht bei einem politischen Treffen. Du verstehst dich gut, ihr schreibt euch. Du hast nichts zu verbergen. Aber was, wenn dein neuer Bekannter vor Jahren an einer Demonstration teilgenommen hat, die auf einer geheimen Watchlist stand? Was, wenn er früher in einer Gruppe war, die heute als „extremistisch“ eingestuft wird? Was, wenn seine Cousine einmal mit einer Person gesprochen hat, die unter Beobachtung steht?

Schon bist du in einem System wie Palantir möglicherweise als „Risikoverbindung“ markiert. Nicht, weil du etwas getan hast. Sondern weil du existierst und dich mit jemandem verbunden hast. Die Software macht keine Fehler, sie folgt nur der Logik der Wahrscheinlichkeit. Aber die Konsequenzen sind real: keine Einladung mehr zu einer Stelle, keine Einreise mehr in ein Land, eine plötzliche Prüfung deines Steuerprofils.

Kapitel 3: Datenschutz als Nebelwand

Es heißt immer: „Wir haben doch Datenschutz in Europa.“ Aber Datenschutz ist oft nichts weiter als ein juristischer Schleier. In Wahrheit klicken wir täglich Nutzungsbedingungen weg, die länger sind als jede Kurzgeschichte. Kaum jemand liest sie. Und wenn, versteht er sie nicht. Genau das wissen die Anbieter. Wer sich mit der DSGVO brüstet, weiß oft genau, wie er sie umgehen kann: mit Intransparenz, mit Standardvertragsklauseln, mit technischen Schlupflöchern.

Kapitel 4: Schutz durch neue Software? Auch das kann Illusion sein

Selbst wenn du versuchst, dich zu schützen, mit VPN, mit Linux, mit kryptografischen Tools, bleibst du in vielen Fällen auf die Integrität der Anbieter angewiesen. Jede Schutzsoftware braucht Updates. Jedes Sicherheits-Tool wird irgendwann von jemandem gepflegt, der entscheiden kann, was „sicher“ ist. Selbst Open-Source-Lösungen können kompromittiert werden. Die Idee vollständiger digitaler Kontrolle über die eigenen Daten ist in einer Cloud-Welt ein Mythos.

Kapitel 5: Was Palantir heute schon kann

Palantir erstellt im Auftrag von Behörden Bewegungsprofile, kombiniert Daten aus Gesundheitsakten, Social Media, Steuerdaten und Telefondiensten. Es kann auf Basis von Metadaten erkennen, wer sich mit wem wann wo getroffen hat. Es analysiert Muster, erstellt Verhaltensprognosen und liefert Risikobewertungen. Für Polizeibehörden, Nachrichtendienste, Auslandsgeheimdienste, aber auch für Konzerne.

Hinterlasse einen Kommentar