Und warum Deutschlands Handeln alte Geister weckt
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Deutschland, das seit langem von den Schatten seiner Vergangenheit heimgesucht wird, hat einst geschworen: „Nie wieder“ – nie wieder Komplize von Massengräueln, nie wieder Schweigen angesichts von Völkermord. Doch heute wird dieses Versprechen auf beschämende Weise gebrochen.
(Dieser Artikel wurde zahlreichen etablierten und alternativen Medien in Deutschland zur Veröffentlichung angeboten. Keine einzige Redaktion hat ihn angenommen.
Vor rund achtzig Jahren wurden in Deutschland jüdische und andere Verfolgte von den Nationalsozialisten aus ihren Wohnungen verschleppt und in Konzentrationslager deportiert — die Öffentlichkeit schwieg, die meisten zogen die Vorhänge zu. Heute sieht sich ein anderes Volk mit der akuten Bedrohung der Auslöschung konfrontiert – und Deutschland steht erneut auf der Seite der Täter. Doch diesmal bleibt es nicht beim Wegsehen. Diesmal werden die Rollläden heruntergelassen – so tief und entschlossen wie nie zuvor.)
Doppelte Standards und moralische Blindheit: Deutschlands Umgang mit Palästina und Israel
Nicht aus Unwissen, sondern aus Überzeugung: Die vorbehaltlose Unterstützung für das expansionistische Projekt „Groß-Israel“ und Deutschlands Position als zweitgrößter Waffenlieferant nach den USA sind keine Randnotizen mehr – sie sind das strukturelle Fundament deutscher Nahostpolitik.
Während palästinensische Familien unter unaufhörlichem israelischen Bombardement begraben werden und die Überlebenden im Gazastreifen dem Hungertod entgegenblicken, während andere im Westjordanland systematischer Entrechtung ausgesetzt sind, versäumt es der deutsche Staat, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Stattdessen richtet er seine Aufmerksamkeit auf jene, die es wagen, Empathie zu zeigen oder unbequeme Fragen zu stellen.
Friedliche Solidaritätsbekundungen mit dem unterdrückten palästinensischen Volk werden auf deutschen Straßen mit brutaler Repression beantwortet [1] – ausgeführt von einer militarisierten Polizeimacht, die sich nicht länger als Hüter demokratischer Werte inszeniert, sondern als Vollstrecker staatlicher Doktrin auftritt.
Es ist kein Zufall, dass Palantir [2]— die umfassende Überwachungstechnologie, die in erster Linie vom in Deutschland geborenen Peter Thiel [3], Mitgründer und Vorsitzender des Unternehmens, gemeinsam mit anderen, nicht zuletzt der CIA, entwickelt wurde und vom sich stetig ausweitenden Sicherheits- und Überwachungsapparat der USA begeistert aufgenommen wurde [4] — auch von der deutschen Polizei eingesetzt wird. Es ist bedrückend und ironisch zugleich, dass dasselbe System vom israelischen Militär in seiner anhaltenden Völkermordkampagne gegen die palästinensische Bevölkerung verwendet wird [5].

„Palästinenser und Juden haben gemeinsame genetische Vorfahren”: Schlagzeile in der israelischen Zeitung Haaretz

Die Polizei in Berlin geht hart gegen Demonstranten vor, die es wagen, öffentlich ihre Solidarität mit dem unterdrückten palästinensischen Volk zu zeigen (Video-Screenshot: Middle East Eye).
Die Sprache, mit der dieses Vorgehen legitimiert wird, ist nicht nur entmenschlichend – sie ist vergiftet. Palästinenser – ein semitisches Volk – werden kollektiv als triebhaft, irrational und gewalttätig dargestellt. Diese Rhetorik entlarvt sich als Rückfall in Denk- und Sprachmuster, die Deutschland eigentlich überwunden glaubte – und zeigt dabei erneut ihr antisemitisches Gesicht.
Am perfidesten aber ist die instrumentelle Umdeutung des Begriffs „Antisemitismus“: Er dient zunehmend nicht mehr dem Schutz jüdischen Lebens, sondern der Immunisierung eines Staates gegen jede Form von Kritik – ungeachtet der realen Gewaltverhältnisse. Wer heute Palästinenser verteidigt, gerät ins Visier. Moral wird zur Waffe, Erinnerung zur Zensur – und die vielbeschworene deutsche Verantwortung zur Farce.
Antisemitismus, selektiv angewendet
Die Auslöschung der Palästinenser in der deutschen politischen Kultur
Das Wort „semitisch“ leitet sich von Sem, einem der Söhne Noahs, ab und umfasste historisch gesehen Juden, Araber und andere Völker des alten Nahen Ostens.
Im Europa des 19. Jahrhunderts prägte jedoch der deutsche Rassenforscher Wilhelm Marr den Begriff „Antisemitismus“ in einem engeren und rassistisch aufgeladenen Sinne, der sich ausschließlich gegen Juden richtete.
Heute hat diese eingeschränkte Definition tiefgreifende Konsequenzen. Palästinenser, die selbst semitisch sind, werden aus dieser Kategorie ausgeschlossen. Ihre Unterdrückung wird oft unter dem falschen Vorwand der Bekämpfung des Antisemitismus rationalisiert oder ausgeblendet.
Dabei ist der derzeitige Genozid an den Palästinensern der extremste Ausdruck von Antisemitismus in unserer Zeit – ein Völkermord an einem semitischen Volk, verübt mit der stillschweigenden Billigung ausgerechnet Deutschlands und des übrigen Westens. Der schlimmste Antisemitismus ist jener, über den niemand spricht [6,7].
Nie wieder – außer wenn es politisch ungelegen ist
Deutschland hat einige der strengsten Antisemitismusgesetze der Welt erlassen – ursprünglich, um Holocaustleugnung zu bekämpfen und jüdische Gemeinden zu schützen.
Kritiker – darunter jüdische Intellektuelle und Menschenrechtsaktivisten – weisen darauf hin, dass diese Gesetze jetzt dazu eingesetzt werden, palästinensische Stimmen sowie die von anderen arabischen und muslimischen Bevölkerungsgruppen zum Schweigen zu bringen. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die Übernahme der Antisemitismusdefinition der IHRA (International Holocaust Remembrance Alliance).
Diese stellt Kritik an der Politik des Staates Israel mit antisemitischem Hass gleich – selbst dann, wenn sie sich auf völkerrechtliche Normen oder menschenrechtliche Prinzipien stützt.
Das 2024 bekräftigte Verbot der öffentlichen Finanzierung von Organisationen, die die Boykott-, Desinvestitions- und Sanktionsbewegung (BDS) unterstützen, kriminalisiert friedlichen zivilgesellschaftlichen Protest zusätzlich. Gleichzeitig werden täglich Dutzende palästinensische Kinder, Frauen und Alte getötet – und große Teile der deutschen Medienlandschaft schweigen oder relativieren das Leid eines ganzen Volkes.
Was noch beunruhigender ist: Dieser politische Konsens steht im Widerspruch zum Willen der deutschen Bevölkerung. Jüngste Umfragen zeigen, dass drei Viertel der Deutschen gegen weitere Waffenexporte nach Israel sind, insbesondere angesichts der steigenden Zahl von zivilen Opfern in Gaza, die bereits in die Zehntausende geht [8].
Die Regierung und die tonangebenden Medien ignorieren bewusst den Mehrheitswillen, diffamieren jede Form öffentlicher Kritik und genehmigen unbeirrt weitere Waffenlieferungen – ein Frontalangriff auf die repräsentative Demokratie. Was sich hier zeigt, ist kein bloßes Politikversagen, sondern ein moralischer Bankrott: Eine politische Klasse, die sich nicht dem Willen des Volkes, sondern ideologischer Verblendung und geopolitischer Gefolgschaft unterwirft – selbst wenn das bedeutet, sich mitschuldig an Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu machen.
Grundlagen der Gewalt
Zionistischer Terrorismus und die Gründung Israels
Vor der Staatsgründung Israels im Jahr 1948 setzten jüdische paramilitärische Gruppen – Haganah, Irgun und Lehi (auch „Stern-Bande“ genannt) – auf gezielten Terror gegen britische Besatzungseinheiten, arabische Zivilisten und selbst jüdische Rivalen, um den Anspruch auf einen jüdischen Staat mit Gewalt durchzusetzen. In den USA solidarisierten sich jüdische Mafia-Größen wie Meyer Lansky und Bugsy Siegel mit den Milizen [9] – nicht nur ideologisch, sondern auch praktisch: durch Geld, Waffen und logistische Hilfe. Zu den brutalsten und bekanntesten Anschlägen zählten:
- Der Anschlag der Irgun im Jahr 1938, bei dem etwa 80 Zivilisten auf Marktplätzen getötet wurden.
- Der Bombenanschlag auf das King David Hotel 1946, bei dem 91 Menschen getötet wurden.
- Das Attentat der Lehi auf US-Präsident Truman 1947.
- Der Bombenanschlag auf das Semiramis Hotel 1948, bei dem 25 Menschen getötet wurden.
- Das Massaker von Deir Yassin (April 1948): Über 100 palästinensische Zivilisten wurden bei einer gemeinsamen Operation von Irgun und Lehi getötet.
- Die Ermordung von Graf Folke Bernadotte, einem UN-Friedensvermittler, der die Freilassung von über 30.000 Häftlingen aus Nazi-Konzentrationslagern ausgehandelt hatte, durch die Lehi im September 1948.
Führer terroristischer Organisationen wie Menachem Begin und Yitzhak Shamir wurden später israelische Premierminister. Ihr gewalttätiges Erbe prägte die Nakba [10] – die Vertreibung von über 750.000 Palästinensern, Massenmorde und die Zerstörung von Hunderten von Dörfern.
Schon Theodor Herzl, der Begründer des modernen Zionismus, formulierte territoriale Ambitionen, die sich vom Sinai bis zum Euphrat erstreckten. [11]
Die Idee eines „Großisrael“, gestützt auf die biblische Formel „vom Bach Ägyptens bis zum Euphrat“ [12], umfasst Gebiete folgender heutiger Staaten: den Nordosten Ägyptens (Sinai), das gesamte heutige Israel, die palästinensischen Gebiete (Westjordanland und Gaza), Westjordanien, Teile Syriens (einschließlich der Golanhöhen), den Süden Libanons sowie weite Gebiete des westlichen Irak entlang des Euphrat [13].
Die tonangebenden Fraktionen in der heutigen israelischen Regierung halten unbeirrt an der Vision eines „Großisrael“ fest – eines Projekts, das mit militärischer Gewalt vorangetrieben und durch antike Texte ideologisch untermauert wird.
Das erklärt, warum diese Kräfte die Zwei-Staaten-Lösung – also die Koexistenz eines palästinensischen und eines jüdischen Staates – von Beginn an bekämpft und mittlerweile faktisch verunmöglicht haben.
So präsentierte der heutige Finanzminister Bezalel Smotrich im Jahr 2017 einen sogenannten „Unterwerfungsplan“. Dieser sah vor, das Westjordanland mit israelischen Siedlungen zu überziehen und den Palästinensern lediglich die Wahl zwischen „Unterwerfung, Auswanderung oder Märtyrertod“ zu lassen. [14] Später bezeichnete er Gaza als „Ghetto“ [15] und erklärte im Mai 2025, es werde „vollständig zerstört“ [16].
Die Gewalt hörte 1948 nicht auf
Die Nakba war kein Einzelfall. Die Massaker gingen weiter, darunter:
- Deir Yassin (1948): Über 100 Zivilisten wurden ermordet.
- Abu Shusha (1948): 60 Dorfbewohner wurden getötet, darunter Berichte über sexuelle Gewalt.
- Tantura (1948): 200 Menschen wurden nach ihrer Kapitulation getötet.
- Lydda und Ramle (1948): Über 400 Menschen wurden getötet und Zehntausende vertrieben.
- Al-Dawayima (1948): 455 Menschen getötet, darunter Frauen und Kinder.
- Qibya (1953): 69 Menschen getötet unter dem Befehl von Ariel Sharon.
- Kafr Qasim (1956): 49 Menschen getötet, weil sie unwissentlich gegen die Ausgangssperre verstoßen hatten.
- Khan Yunis (1956): 275–400 Tote in Gaza.
- Sabra und Shatila (1982): 3.000 Palästinenser wurden mit israelischer Komplizenschaft massakriert.
- Ibrahimi-Moschee (1994): 29 Tote durch einen jüdischen Siedler.
Zu den jüngeren Ereignissen zählen die Gaza-Kriege von 2008, 2012 und 2014, der Große Marsch der Rückkehr (2018–2019) und die Eskalation in Sheikh Jarrah im Jahr 2021 – alle mit massiven Opfern unter der palästinensischen Zivilbevölkerung, darunter unzählige Kinder, und glaubwürdigen Vorwürfen von Kriegsverbrechen durch internationale Beobachter.
7. Oktober und die Medienblockade: Was Deutschland verschweigt
Genau wie beim Krieg in der Ukraine [17] – der offiziell mit der “unprovozierten” russischen Invasion im Februar 2022 begann, wenn man die westliche Darstellung akzeptiert, die den von den USA unterstützten Putsch gegen eine demokratisch gewählte Regierung im Jahr 2014 und den Aufstieg eines illegitimen ultranationalistischen Regimes, das russischsprachigen Menschen feindlich gesinnt ist und sie seitdem im Donbass bombardiert, auslässt – wird auch die Geschichte des Palästinakonflikts ähnlich verzerrt dargestellt.
Laut westlichen Mainstreampolitikern und Medien begannen die gewaltsamen Auseinandersetzungen am 7. Oktober 2023 mit dem, was sie als einen „unprovozierten Terroranschlag“ auf ein friedliches Israel bezeichneten [18]. Was in dieser Erzählung fehlt, ist eine entscheidende Tatsache: Hamas — eine Gruppe, die von Israel selbst über Jahre hinweg unterstützt wurde [19], um den breiteren palästinensischen Widerstand gegen Besatzung und Landraub zu spalten und zu schwächen — startete ihre Operation aus dem Gazastreifen, einer Region, die seit Langem belagert, ihrer Grundrechte beraubt und faktisch in ein Freiluftgefängnis verwandelt wurde.
Ja, es wurden Gräueltaten begangen. Doch während die von der Hamas verübten Taten im westlichen öffentlichen Diskurs dramatisch aufgebauscht wurden, ist das weitaus größere Ausmaß der von Israel als Reaktion ausgeübten Gewalt weitgehend ignoriert oder aus dem Blickfeld verdrängt worden – ganz zu schweigen von den zahllosen Akten von Gewalt und Unterdrückung, die Israel seit seiner Gründung im Jahr 1948 gegen die einheimische palästinensische Bevölkerung verübt hat.
Ebenfalls weitgehend ausgeklammert in der Berichterstattung der Mainstream-Medien bleibt die Tatsache, dass die israelischen Behörden im Vorfeld vor dem Angriff gewarnt worden waren. Dem Vernehmen nach rief der ägyptische Geheimdienstchef General Abbas Kamel etwa zehn Tage vor dem 7. Oktober Premierminister Netanyahu persönlich an, um ihn vor einer „schrecklichen Operation“ zu warnen [20]. Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass auch westliche und andere Geheimdienste ähnliche Warnungen übermittelten. Ausgerechnet am Tag des Angriffs sollen israelische Soldaten – stationiert an der Grenze zum Gazastreifen, die oft als die am stärksten überwachte der Welt gilt – Berichten zufolge den Befehl erhalten haben, sich zurückzuziehen [21], was unter den Einheiten große Verwirrung auslöste. All dies scheint ein weiteres Puzzlestück eines deutlich größeren Gesamtbildes zu sein.
Die Schlussfolgerung drängt sich auf: Der Hamas-Angriff bot der israelischen Führung einen willkommenen und lange erwarteten Vorwand, um ein seit Langem verfolgtes Ziel zu beschleunigen – die ethnische Säuberung des Gazastreifens und dessen Umwandlung in eine weitere jüdische Siedlerkolonie im Sinne der übergeordneten Vision eines „Groß-Israel“. Im Kern geht es um die Schaffung von „Lebensraum“ – so, wie es einst Großdeutschland propagierte. Die Nationalsozialisten betrachteten die Eroberung von „Lebensraum“ als ein natürliches Recht der arischen Rasse und ließen sich dabei von kolonialen Modellen wie dem Manifest Destiny in den Vereinigten Staaten inspirieren – so wie auch Zionisten dies als ein natürliches Recht des jüdischen Volkes ansehen, gestützt auf biblische Verheißungen.
Was auch kaum je thematisiert wird, ist, dass Hamas schon lange vor der Eskalation immer wieder die Freilassung von tausenden palästinensischen Gefangenen gefordert hat – darunter viele Frauen und Kinder –, die oft ohne jeglichen Prozess unter brutalsten, entwürdigenden Bedingungen eingesperrt sind. Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen haben schockierende Berichte über systematische Folter und sexualisierte Gewalt in israelischen Gefängnissen veröffentlicht. Doch diese Hilferufe wurden von der israelischen Regierung kalt ignoriert und von den westlichen Medien größtenteils zum Schweigen gebracht oder als belanglos abgetan.
Entgegen der vorherrschenden Propaganda war das Ziel der Operation vom 7. Oktober nicht die massenhafte Tötung israelischer Zivilisten. Vielmehr versuchte Hamas, Geiseln zu nehmen – das einzige verbleibende Druckmittel, um Israel zur Freilassung palästinensischer Gefangener zu zwingen. So brutal diese Strategie auch war, sie ist eingebettet in einen größeren, andauernden Kontext asymmetrischer Gewalt und jahrzehntelanger systematischer Unterdrückung.
Israels ursprüngliche Darstellung des Angriffs vom 7. Oktober – mit Vorwürfen von Massenvergewaltigungen [22], enthaupteten Babys [23] und anderen Gräueltaten – wurde von den internationalen Medien weit verbreitet, ist aber seitdem von israelischen Journalisten und unabhängigen Untersuchungen infrage gestellt oder widerlegt worden. Wenig überraschend bleibt die deutsche Medienlandschaft zu diesen Zurücknahmen weitgehend still und gibt weiterhin kritiklos eine offizielle israelische Stellungnahme nach der anderen wieder.
Unterdessen hat Israel Berichten zufolge die Hannibal-Direktive angewendet [24], die den Einsatz tödlicher Gewalt in Gebieten erlaubt, in denen israelische Geiseln festgehalten werden [25], um deren Gefangennahme zu verhindern – was zu zahlreichen Todesfällen unter der Zivilbevölkerung, darunter auch eigene Staatsbürger, geführt hat. Dazu gehört auch, dass Israel eigene Festivalbesucher erschossen hat [26].
Eine israelische Hinterbliebenenfamilie drohte sogar mit rechtlichen Schritten gegen die Regierung und warf ihr vor, den Tod ihrer Angehörigen für Propagandazwecke zu instrumentalisieren [27], obwohl sich die Hinweise verdichten, dass nicht die Hamas, sondern ein israelischer Luftangriff dafür verantwortlich war. In einem tragischen Fall sagte einr israelische Geisel in einem Video, Hamas-Kämpfer hätten ihn zehnmal verlegt, um ihn vor israelischen Angriffen zu schützen [28]. Dennoch wurde er schließlich getötet – durch einen israelischen Angriff.
Der folgende Dokumentarfilm Atrocity Inc. [29] untersucht, wie die israelische Regierung und westliche Medien Narrative konstruieren, die Palästinenser schwerer Verbrechen – etwa systematischer Vergewaltigung – beschuldigen, während das israelische Militär genau jene Gräueltaten begeht, die es seinen Gegnern meist zu Unrecht vorwirft.
Entgegen der landläufigen Meinung hat die Hamas in ihrer überarbeiteten Charta von 2017 die Idee eines palästinensischen Staates innerhalb der Grenzen von 1967 akzeptiert – eine implizite Anerkennung der Existenz Israels neben einem palästinensischen Staat. Wörtlich heißt es:
„Hamas betrachtet die Errichtung eines vollständig souveränen und unabhängigen palästinensischen Staates mit Jerusalem als Hauptstadt entlang der Linien vom 4. Juni 1967 […] als eine Formel nationalen Konsenses.“
Zudem betont die Charta ausdrücklich die Unterscheidung zwischen Zionismus und Judentum: „Hamas richtet ihren Konflikt nicht gegen die Juden, weil sie Juden sind, sondern gegen die Zionisten, die das Land Palästina besetzen.“
Die Organisation erklärt, dass sie nicht gegen das Judentum als Religion kämpfe, sondern gegen koloniale Besatzung. Dennoch werden Forderungen nach der Befreiung Palästinas allzu oft – und nicht selten bewusst – als völkermörderischer Antisemitismus diffamiert, anstatt als das legitime Streben nach einem Staat verstanden zu werden, in dem Menschen aller ethnischen und religiösen Gruppen gleiche Rechte genießen.
Völkermord in Echtzeit: Wo steht Deutschland heute?
Unterdessen gehen echte Akte völkermörderischer, antisemitischer Gewalt gegen Palästinenser unvermindert und ohne Rechenschaftspflicht weiter. Stand Juni 2025:
- Über 70.000 Palästinenser wurden in Gaza getötet.
- Mehr als 131.000 wurden verletzt.
- Über 12.000 wurden festgenommen.
- Fast 1.000 wurden im Westjordanland getötet.
Diese Zahlen, die von den Mainstream-Medien berichtet werden, sind mit ziemlicher Sicherheit deutlich zu niedrig angesetzt. Sie berücksichtigen beispielsweise nicht die vielen Opfer, die noch immer unter den Trümmern der zerstörten Gebäude in Gaza begraben sind. [30]
In einer kürzlich erschienenen Veröffentlichung hob Nature – eine der renommiertesten und meistzitierten wissenschaftlichen Fachzeitschriften der Welt – die Ergebnisse der ersten unabhängigen Untersuchung zur Sterblichkeit im Konflikt hervor. [31] Die Studie, die auf dem Preprint-Server „medRxiv“ veröffentlicht wurde, schätzt: „Fast 84.000 Menschen starben zwischen Oktober 2023 und Anfang Januar 2025 in Gaza infolge des Krieges zwischen der Hamas und Israel. Mehr als die Hälfte der Getöteten waren Frauen im Alter von 18 bis 64 Jahren, Kinder oder Menschen über 65 Jahre.“
Der Kreuzzug des deutschen Kanzlers: Bewaffnete Rhetorik, verzerrte Wahrheiten und Deutschlands gespenstische Vergangenheit
Friedrich Merz, der derzeitige deutsche Bundeskanzler, vertritt eine aggressiv pro-israelische Haltung und hegt mehr Feindseligkeit gegenüber Russland als jeder deutsche Kanzler seit Adolf Hitler. Seine Äußerungen, in denen er israelische Kriegsverbrechen herunterspielt und Angriffe der Ukraine auf russische Zivilisten leugnet [32] – während er gleichzeitig Deutschland auf einen möglichen Krieg gegen Russland vorbereitet –, wecken zutiefst beunruhigende historische Parallelen.
Am beunruhigendsten ist Merz‘ unerschütterliche Verteidigung des 12-tägigen Krieges Israels gegen den Iran im Juni 2025 [33] – ein unprovozierter Angriff, bei dem nicht nur Hunderte iranische Militärangehörige getötet und Atomwissenschaftler und ihre Familien ermordet wurden, sondern auch andere Zivilisten und friedliche Atomanlagen dreist angegriffen wurden.
Solche Brutalität als notwendig oder gerechtfertigt darzustellen, ist nichts weniger als obszön. Seine Charakterisierung des illegalen Angriffskrieges Israels als „schmutzigen Krieg im Namen der Welt“ erinnert erschreckend an den gefährlichen Militarismus, der Deutschlands dunkelste Zeit geprägt hat [34].
Merz hat auch die iranische Regierung (oft als „Mullah-Regime“ bezeichnet) als brutal und unterdrückerisch gegenüber ihrem eigenen Volk bezeichnet und dabei angebliche Menschenrechtsverletzungen, die Unterdrückung abweichender Meinungen und autoritäre Kontrolle hervorgehoben.

Sehen Sie sich die Videos auf dem YouTube-Kanal „Travel Buddies Iran“ an. Aber seien Sie nicht schockiert, wenn alles, was Sie über den Iran gehört haben, völlig anders ist als die Realität (YouTube-Screenshot: <https://www.youtube.com/@TravelBuddies-96>).
Was der deutsche Bundeskanzler geflissentlich verschweigt, ist, dass der Iran – Heimat der zweitgrößten jüdischen Bevölkerung im Nahen Osten – seiner jüdischen Gemeinde verfassungsmäßigen Schutz gewährt. Iranische Juden können nicht nur ihren Glauben frei ausüben und Synagogen unterhalten, sondern leben auch in Wohlstand und haben einen festen Sitz im Parlament.
Prominente jüdisch-amerikanische Journalisten wie Max Blumenthal und Anya Parampil haben das pulsierende jüdische Leben in Städten wie Isfahan dokumentiert [35,36].
Entgegen den Behauptungen von Friedrich Merz weist der Iran in mancher Hinsicht eine inklusivere Form von Demokratie auf als Israel – ein Staat, der, wie der israelische Historiker Ilan Pappé betont, Millionen von Menschen unter seiner Kontrolle systematisch gleiche Rechte und politische Repräsentation verweigert [37]. Während im Iran trotz autoritärer Strukturen unterschiedliche politische Strömungen und ethnische Gruppen im Parlament vertreten sind, ist Israel durch ein weitreichendes System von Kontrolle und Ausgrenzung geprägt: Ein dichtes Netz aus Grenzmauern, Militärkontrollpunkten, Straßensperren und befestigten Zonen schikaniert die palästinensische Bevölkerung systematisch und schränkt ihre Bewegungsfreiheit massiv ein. Selbst der Weg ins Krankenhaus kann zur stundenlangen Tortur werden.

Der ehemalige Präsident Ebrahim Raisi, der im Westen als „Hardliner” stereotypisiert wurde
und dem spirituellen Führer Ayatollah Ali Khamenei nahestand, ist hier bei einem Treffen mit
iranischen Rabbinern zu sehen (Quelle: Al-Alam News Network, Teheran).
Deutschlands erster schmutziger Krieg: Chemiewaffen gegen den Iran
Während des Iran-Irak-Krieges (1980–1988) setzte das irakische Regime unter Saddam Hussein chemische Waffen gegen iranische Soldaten und Zivilisten ein – unter Verwendung von Vorprodukten, Ausrüstung und Technologien, die maßgeblich von deutschen Firmen geliefert wurden. Nervenkampfstoffe wie Sarin und Senfgas forderten mindestens 20.000 iranische Todesopfer, Zehntausende weitere wurden dauerhaft verstümmelt. Über 80 deutsche Unternehmen waren direkt oder indirekt an der Ermöglichung dieser Kriegsverbrechen beteiligt. Einmal mehr stand Deutschland – trotz seiner historischen Verantwortung – an der Spitze eines industriell organisierten Massenmords.
Das Schweigen und die stillschweigende Komplizenschaft westlicher Staaten, einschließlich Deutschlands, offenbaren ein beunruhigendes Muster:
Wenn geopolitische Interessen auf dem Spiel stehen, werden Menschenrechte und moralische Prinzipien systematisch untergeordnet. Die vielbeschworene „wertebasierte Außenpolitik“ entlarvt sich hier als hohle Rhetorik.
Eine aufschlussreiche Fußnote: Israel belieferte in dieser Zeit den Iran mit Waffen – ausgerechnet jenes Land, das es heute als existenzielle Bedrohung darstellt. Auch das zeigt, wie flexibel ideologische Feindbilder werden, wenn strategische Interessen auf dem Spiel stehen.
Anstatt Deutschland für seine Rolle bei diesen Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen, unterstützen Berlin und andere westliche Mächte nun das, was das nächste große Verbrechen gegen das iranische Volk werden könnte.
Der renommierte jüdisch-amerikanische Wissenschaftler Professor Jeffrey Sachs bietet eine ernüchternde Perspektive auf diese allgemeine Haltung des Westens [38]. Er argumentiert, dass die Außenpolitik der USA seit langem von neokonservativen und israelischen Agenden dominiert wird, die Regimewechsel und militärische Interventionen gegenüber Diplomatie und internationalem Recht bevorzugen. Unter Berufung auf den ehemaligen General und NATO-Oberbefehlshaber Wesley Clark, erinnert Sachs an den Plan des Pentagon, innerhalb von fünf Jahren sieben Regierungen zu stürzen – Irak, Syrien, Libanon, Libyen, Somalia, Sudan und Iran –, die sich der israelischen und westlichen Vorherrschaft widersetzen oder das unterdrückte palästinensische Volk unterstützen.
Sechs dieser Kriege wurden bereits geführt – sie hinterließen Blutvergießen, Chaos und Flüchtlingsströme. Jeffrey Sachs bezeichnet diesen Ansatz als rücksichtslos, moralisch bankrott und strategisch völlig inkohärent.
Die begeisterte Unterstützung Deutschlands für die Strategie des Regimewechsels im Iran und in anderen Ländern offenbart eine fortgesetzte Komplizenschaft – damals wie heute.
„Semitisch“ neu denken
Identität, Mythos und die Politik der Zugehörigkeit
Die Vorstellung einer biologisch reinen, rassisch klar abgegrenzten jüdischen Identität ist ein Konstrukt des 19. Jahrhunderts – hervorgegangen aus dem Geist europäischer Nationalismen und pseudowissenschaftlicher Rassentheorien. Ironischerweise übernahmen sowohl christliche als auch jüdische Zionisten diese rassistischen Konzepte, obwohl sie ursprünglich aus antisemitischem Denken hervorgingen. Die Idee eines „reinen jüdischen Volkes“ wurde so zur ideologischen Grundlage eines Projekts, das sich selbst als Schutz vor Rassismus verstand – und dabei ungewollt dessen Prämissen reproduzierte.
Wie jede kollektive Identität ist auch die jüdische über Jahrhunderte hinweg durch Migration, Konversion und kulturellen Austausch geprägt worden – von den zum Judentum übergetretenen chasarischen Eliten im 8. Jahrhundert bis zu jenen Judäern, die später zum Christentum oder Islam konvertierten.
Der israelische Historiker Shlomo Sand argumentiert in seinem Buch Die Erfindung des jüdischen Volkes (2008), dass die Vorstellung eines ethnisch homogenen jüdischen Volkes eine moderne Konstruktion sei, die historische Komplexität bewusst ausblendet. Auch Arthur Koestler griff in The Thirteenth Tribe (1976) die These auf, dass ein erheblicher Teil der aschkenasischen Juden von den Chasaren abstammen könnte – einem turkstämmigen Volk, das im Mittelalter kollektiv zum Judentum konvertierte.
Genetische Studien belegen die heterogene Herkunft jüdischer Bevölkerungsgruppen: Neben einer gemeinsamen genetischen Basis mit Ursprung im Nahen Osten weisen viele Gemeinschaften deutliche regionale Einflüsse auf – etwa aus Südeuropa, Nordafrika oder Osteuropa. Zu diesem Ergebnis kamen unter anderem Hammer et al. (2000), Behar et al. (2010) und Ostrer (2012) in ihren wegweisenden Forschungsergebnissen und Publikationen.
Auch die gängige Erzählung einer römisch erzwungenen Massenvertreibung wird archäologisch nicht gestützt. [39] Vielmehr blieben viele Judäer in der Levante, wo sie später zum Christentum oder Islam konvertierten. Genetische Studien legen nahe, dass heutige Palästinenser ebenso mit den alten Israeliten verwandt sein könnten wie aschkenasische Juden.¹ [40]
Dennoch machten sich zionistische Führer wie David Ben-Gurion biblische Eroberungserzählungen zunutze – nicht aus religiösem Glauben (Ben-Gurion war erklärter Atheist), sondern als politische Strategie. Die Bibel wurde zur ideologischen Grundlage des neuen Staates. In israelischen Schulen wird sie bis heute nicht als religiöse, sondern als historische Quelle unterrichtet.¹¹
Ben-Gurion formulierte es offen:
„Die Bibel ist unser Mandat. Unser Rechtstitel stammt nicht vom Völkerbund, sondern von der Bibel.“ [42]
Diese Instrumentalisierung religiöser Texte zur politischen Legitimation erinnert an andere Nationalmythen – etwa an das „Manifest Destiny“ in den USA oder an die „zivilisatorische Mission“ europäischer Kolonialmächte. [43] In Israel jedoch erhält diese Dynamik durch die anhaltende Besatzung und Entrechtung der Palästinenser eine besonders brisante Dimension. [44]
Die Verschmelzung religiöser Mythen mit historischer Deutung hat eine ideologische Festung geschaffen, in der biblische Erzählungen als unantastbare Fakten gelten – und jede Infragestellung als existenzielle Bedrohung empfunden wird.
Der Preis dieser systematischen Geschichtsverfälschung ist hoch: eine politische Kultur, die historische Selbstreflexion verweigert, moralische Verantwortung abwehrt und Gewalt als göttlich legitimiert verklärt. [45]
Wenn Deutschland „Nie wieder“ wirklich meint, dann muss „Nie wieder“ jetzt bedeuten
Die deutsche Vergangenheit lässt sich nicht sühnen, indem man neue Gräueltaten ermöglicht. Waffenlieferungen in ein Kriegsgebiet, in dem massenhaft Zivilisten umgebracht werden, stehen im Widerspruch zu allem, was aus Auschwitz folgen sollte. Die Doppelmoral muss ein Ende haben.
Wer Antisemitismus glaubwürdig bekämpfen will, muss:
- sich jeder Form rassistischer Vorherrschaft entgegenstellen – ob religiös begründet oder ideologisch verbrämt,
- das Leben von Semiten auf beiden Seiten der Mauer schützen,
- und den legitimen Kampf der Palästinenser für Würde, Gleichheit und Freiheit unterstützen.
Alles andere wäre ein Verrat – an der Erinnerung, an der Moral und an der Geschichte.
Quelle: https://free21.org/der-schlimmste-antisemitismus-ueber-den-niemand-spricht/
Dieser Text wurde zuerst am 26.06.2025 auf http://www.felixabt.substack.com unter der URL <https://felixabt.substack.com/p/der-schlimmste-antisemitismus-uber> veröffentlicht. Lizenz: Felix Abt, Free21, CC BY-NC-ND 4.0

Autor: Felix Abt
ist der Autor von „A Capitalist in North Korea: My Seven Years in the Hermit Kingdom“ und „A Land of Prison Camps, Starving Slaves and Nuclear Bombs?“. Er ist Unternehmer, Autor (https://felixabt.substack.com) und Reiseblogger (www.youtube.com/@lixplore) und lebt in Asien.


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